Akt IV - Der Antrag

Sie so

Es war ein Freitag im Dezember. Ein netter Abend ging vorüber. Wir verabschiedeten uns an der Tür von unserem Besuch. Es war nachts gegen 1Uhr.

Kaum war die Tür geschlossen, überkam uns das unbändige Gefühl von Liebe (nein, ohne Hintergedanken in diesem Moment!). Wir küssten uns, sahen uns tief in die Augen, flüsterten uns zu, wie toll wir uns gegenseitig finden und wie sehr wir uns wirklich ins Herz geschlossen haben. Unromantischerweise, standen wir immernoch im Gang. Aber wahrscheinlich war genau das das Schöne. Gemeinsam. Zuhause. Allein. Nur wir beide. Geborgenheit. Wärme.

 

Es verging geschätzt knapp eine Stunde, bis wir feststellten, dass man das Geschmuse ja auch ins Schlafzimmer verschieben könnte. Händchenhaltend und immer wieder küssend, drehten wir noch zwei Schleifen im Gang, um ins Bad zu finden. Dort wurde mir dann recht abrupt eröffnet, dass ich den Samstagseinkauf doch auch alleine machen könnte.

Sylvesterplanung mit Tante und Cousine alias Trau(m)zeugin

Man bedenke, es war nun Samstag, der 29. Dezember. Wir hatten zu Sylvester Familie eingeladen. Es wäre also ein größeres Unterfangen geworden – dieser Samstagseinkauf. Etwas irritiert sah ich ihn an und fragte, warum er nicht mitkäme!? – Ja, das könne er mir beim besten Willen jetzt nicht sagen.

Schlechter Einfall. Eine Frau im Ungewissen zu lassen erhöht den Jagdinstinkt. Ich versuchte also das komplette Repertoire. Heiße Küsse, Schmeicheln, Bezirzen, großer trauriger Hundeblick…
und am Ende kullerte sogar eine kleine Träne über meine Wange.

 

„Nachtigall - ich hör Dir trapsen“, pulsierte es in meinem Kopf und umso mehr, wollte ich wissen, was der Grund ist, mich am Samstag alleine zu lassen. Nicht, dass ich ernsthaft daran geglaubt hätte, eine Antrag zu bekommen, aber irgendwie… - war schon ne komische Situation!

Plötzlich meinte er: „Dann komm halt mit!“ - „Wie jetzt?“ antwortete ich. Ich verstand gar nichts mehr. Und bevor ich überhaupt Begriff, was das für meine Theorie bedeuten würde (sie wäre nämlich ad absurdum geführt!) und mich selbst noch fragte, was dieses Umschwenken zu bedeuten habe, zog er mich vom Bad in den Gang zurück, machte eine behände Drehung um mich herum, zog derweil seinen Geldbeutel aus der Jackentasche und nahm etwas heraus. Bis meine Augen ihm überhaupt folgen konnten, war er auf ein Knie gesunken und schaute mich erwartungsvoll an:



„Willst Du meine Frau werden?“ – und streifte mir einen meiner Ringe über den Finger.*

 

Das passierte alles in Bruchteilen von Sekunden und doch hab ich das Gefühl, es waren ewige Minuten, bis diese kleine schleichende Gefühlswallung sich von meinen Füßen nach oben arbeitete und immer größer wurde. Sie wuchs zu einer Emotionswelle heran und ergoss sich in fürchterlichen Tränen, während ich nur noch vermochte, zu nicken. Ganz heftig zu nicken. Ungläubig, dass er gefragt hatte und ich ja gesagt hatte, fielen wir uns in die Arme. Wir mussten uns noch mehrmals die Szenarie zurückrufen und uns gegenseitig bestätigen, dass das gerade wirklich passiert war. Und doch war es so klar. Wochen später, meinte er auf meine Frage, ob er sich immernoch sicher sei mich zu heiraten, dass er es nicht hinterfragen muss, es ist einfach richtig. Und das beschrieb in diesem Moment exakt das Gefühl, dass ich seit dem Antrag verspüre.

 

Es ist klar. Es ist ohne Abstriche. Es ist einfach richtig. 



29.12.2012 - B&B frisch verlobt

 

 

*Zusatz: er hatte an dem Freitag ursprünglich einen Ring kaufen wollen, musste aber leider stattdessen den halben Tag auf der Polizeiwache verbringen. Man hatte ihm in räuberischer Absicht Geld von seinem Konto abbuchen wollen, wie ich später erfuhr. Bis er aber dem Polizeioberkommissar Paypal, Amazon & Co erklärt hatte, war ein Ringkauf zeitlich nicht mehr drin. Schließlich wäre es auch nicht das Problem gewesen, wollte er mich ja eigentlich erst an Sylvester fragen und hätte an diesem Samstag dann den Ring besorgt, wären nicht Liebesgeflüster und falsche Tränen dazwischengekommen. Umso schöner fand ich es. Es hätte keinen schöneren, zweisameren Antrag geben können, als dieser Spontane in dieser Nacht in diesem Gang.